Etwa zehn Jahre ist es her, als die ersten Modulgerüstelemente ins THW fanden. Im LV Bayern wurden Übungstürme beschafft und an Schule und Geschäftsstellen verteilt. Schnell erkannten die Ausbilder der damaligen Katastrophenschutzschule Geretsried weitere Anwendungsmöglichkeiten der Gerüstelemente und erprobten Ausleger, Dreiböcke, kurze Stege und mehr für den Einsatz im Bergungsdienst. Die Vorteile der neuen Konstruktionen gegenüber früheren Methoden führten schließlich zur Auslieferung des Gerüstbausatzes BS1 im Laufe der letzten drei Jahre an alle Ortsverbände.

 

Ausgehend von aktuellen Forderungen im Bereich der Personenrettung bei Unfällen mit Großfahrzeugen (Bus, LKW, Bahn), im Sichern von Gebäuden nach Beschädigung sowie dem Hochwasserschutz begannen die Ortsverbände Berchtesgadener Land (LV Bayern) und Remscheid (LV Nordrhein-Westfalen) mit der Entwicklung weiterer Einsatzoptionen für Gerüstelemente. Das Ergebnis der einjährigen intensiven Testphase heißt Einsatzgerüstsystem (EGS).

 

Hohe Flexibilität, einfache Handhabung

Im StAN-Entwurf sind die Bausätze 2 - 4 vorgesehen, die aufeinander aufbauend den Bau von so verschiedenen Dingen wie Schnellrettungsgerüst, Hochwassersteg, Lastarm, Strebstütze, Abstützturm und vielem mehr ermöglichen und damit den Alltag im Bergungsgeschäft erleichtern.

 

Die Vorteile des EGS liegen auf der Hand: Robustheit, einfache Handhabung, vielfältige Einsatzmöglichkeit, leichte Verlastbarkeit, geringer Ausbildungsaufwand, Kompatibilität und hohe Flexibilität machen das Einsatzgerüstsystem zu einem Werkzeug mit hoher Einsatzwertigkeit.

 

Die vier Bausätze des Einsatzgerüstsystems (EGS) erweitern das Einsatzspektrum.

 

Aufbauend auf den an alle THW-Ortsverbände ausgelieferten Bausatz 1 gibt es nun die neu aufgenommenen Bausätze 2, 3 und 4. Ziel der Neustrukturierung war es, den Teilemix zu verbessern, um dadurch vielfältiger anwendbare Gerüstkonstruktionen zu ermöglichen. Diese verschiedenen Konstruktionen wurden gezielt auf klassische THW-Aufgaben abgestimmt.

 

Desweiteren ergibt sich durch das EGS eine Erweiterung der Einsatzspektren. Speziell für Unfälle von Großfahrzeugen und bei Bahnunglücken wurde eine Verbesserung erreicht. Desweiteren sind Hilfsmittel für das Sichern von Gebäuden und Ausbildungsmöglichkeiten, wie diverse Übungstürme, in den Bausätzen integriert. Der Unterschied zu den alten Forderungen besteht unter anderem in der Berücksichtigung folgender Zielansprüche:

  • Rein metrische Norm zur Verwirklichung dreidimensionaler Kompatibilität der Einzelteile;
  • Bodenbeläge mit Rundrohrauflage und Selbstsicherung, um an alle Riegel und Vertikalstiele anschlagen zu können;
  • Vertikalstiele nur mit eingeschraubten Rohrverbindern zur Aufnahme von Druck- und Zuglasten.

 

Diese Punkte dienen zudem dem übergeordneten Ziel einer möglichst freien Anwendbarkeit der Einzelteile untereinander. Alle genannten Anforderungen sind von der Industrie problemlos erfüllbar (größtenteils Standardmaterial), was das EGS zu einer kostengünstigen und dauerhaften Einsatzkomponente macht.

 

 

 

Die Mehrzweckplane des Einsatzgerüstsystems (EGS) wird ihrer Bezeichnung auf beeindruckende Weise gerecht.

 

Die Kombination des Einsatzgerüstsystems EGS mit anderen Techniken und Produkten erweitert das Einsatzspektrum erheblich. Als Beispiel sei die neu entwickelte Mehrzweckplane (MZP) dargestellt. Mit Hilfe der Mehrzweckplane lassen sich mit dem EGS koppelbare Auffangbehältnisse, Überdachungen und Schutzwände erbauen.

 

Derzeit ist die MZP in den Ortsverbänden Remscheid und Berchtesgadener Land in Erprobung. Eine Aufnahmen in die StAN-OV ist beantragt. Die MZP ist eine an die Abmessungen des EGS-Rasters exakt angepaßte, falt- und koppelbare Flachplane, die mechanisch robust (LKW-Plane), temperaturunempfindlich und chemisch unempfindlich gegen Säuren, Laugen und Öl ist. Aus Sicherheitsgründen wurde Signalorange als Farbe gewählt. Desweiteren ist die Plane für den Fall der Fälle auch mit Planenflicken und Heißluft einfach zu reparieren.

 

Die Plane ist etwa 3 x 5 Meter groß und lässt sich in ihrer Grundform zu einem 2,5 oder wahlweise 0,8 Kubikmeter fassenden Auffangbehälter aufbauen (ca ein- zwei Minuten für drei Helfer). Diese Behälter sind sowohl quer als auch längs und stumpf koppelbar und können damit problemlos an die örtlichen Einsatzgegebenheiten angepasst werden. So lassen sich beispielsweise größerer Flüssigkeitsmengen direkt am Straßenrand zwischenlagern, ohne den Verkehrsfluss zu behindern. Auch innerhalb von Gebäuden wird das Auffangen von Flüssigkeiten durch die flexible Formanpassung erleichtert. Der dazu passende Deckel schützt vor Unfallgefahr und Verschmutzung, daneben kann er als Stegüberdachung verwendet werden.

 

Prüfung für Hochwasserschutz

Im Bereich Abstützen steht mit der MZP ein wirksames und schnelles Mittel gegen die Gefahr des Aufgleitens von Strebstützen zur Verfügung. Dazu muss die Plane lediglich in ein wandnahes Feld als Auffangbehälter eingebaut und mit Wasser gefüllt werden. Auf diese Art können natürlich auch Übungstürme und andere Gerüstbauten ballastiert werden.

 

Als Flachplane lässt sich die MZP für Überdachungen von zwei mal drei bis maximal fünf mal drei Meter einsetzen. Die gleichen Maße stehen als Sichtschutz- und Windschutzfläche bei Einkoppelung in senkrechter Form zur Verfügung. Auch in der Verwendung als Überdachung und Sichtschutz ist die Plane im Gerüstraster koppelbar, so dass theoretisch endlose Wetterschutzdächer damit realisierbar sind. Hierbei muss allerdings auf die Entwässerung der Fläche Acht gegeben werden, was mit Einbau von 50 Zentimeter Gefälle bei den Dachplanen unproblematisch umsetzbar ist. Die Mehrzweckplane ergänzt die Anwendungsbereiche des Einsatzgerüstsystem in vielen Bereichen, angefangen von den hier angerissenen Verwendungsmöglichkeiten bis hin zur derzeit im Versuchsstadium befindlichen Benutzung als Hochwasserschutzdamm und vielem mehr.

 

Quelle: THW Bundeszeitschrift 2002